Intro
Im Sommer in Paris fragte mich ein neuer Bekannter, als ich sagte ich arbeite im Kreativbereich, ob es mir nicht Angst mache, dass gerade eine neue Technologie erschienen ist, die grandiose Bilder auf Knopfdruck generieren kann.
"No" sagte ich sehr selbstbewusst.
"I don t care about DALL E. Art is much more than just a painting or an image."
Diese Leichtigkeit hat sich dann bis vor Kurzem in eine Frage mit bitterem Beigeschmack von "Was wenn doch. Was wenn künstlerische Leistung bald von einer Maschine übernommen wird?!" verwandelt.
DALL E und Co sind Bild- Generatoren. Du gibst ein paar Worte ein und darauf basierend entwickelt das Programm für dich ein Bild. Dieses Bild ist eine neue Kombination aus einem Pool von gesammelten Bildern.
Diese Bildersammlungen sind Arbeiten von echten Künstlern, die übrigens nicht explizit zugestimmt haben, dass ihre Bilder benutzt werden dürfen!
Binnen weniger Sekunden hast du also ein fertiges, bildnerisches Produkt ohne dabei selbst eine visuelle Übersetzungsleistung vollbracht zu haben.
Ich habe mir in diesem Kontext viele Gedanken darüber gemacht, was Kunst aus meiner Sicht ausmacht.
Und auch darüber, warum DALL E und Co. menschengemachte, künstlerische Arbeit nicht ersetzen können. Das musste ich tun.
Meine Impulse und Gedanken zu dem Thema basieren auf meiner eigenen, persönlichen Erfahrung und sind natürlich keine Regeln, sondern Anregungen für dich!
10 Impulse , was Kunst aus meiner Sicht ausmacht.
1. Kunst ist nicht nur ein Ergebnis, sondern ein äußerer, beobachtbarer Enstehungsprozess . Ein manchmal sehr langer Weg von verschiedenen Entwürfen, von Experimentieren und Verwerfen.
2. Ein innerer Entstehungsprozess, bei dem du trotz Selbstzweifel, Ängsten, Hinfallen und immer wieder Aufstehen weitermachst.
3. Unperfektheit und Überraschung: kleine Zeichen davon, dass Menschen sie gemacht haben. Ungewöhnliche Schattierungen, ein unperfektes Detail oder etwas Neues, was vorher noch nicht da war.
4. Eine menschliche Geschichte, die hinter dem Motiv steckt. Seien es tiefgründige Erfahrungen, witzige Momente, unbewusste Erlebnisse, kulturelle Abbildungen oder etwas Liebgewonnenes.
5. Ein visuelles Konzept von Anfang bis Ende durchdenken und durchführen, basierend auf Wissen und menschlicher Erfahrung.
6. Ein visuelles Konzept, das auch mit Hilfe deiner Intuition, deinem Sinn für Ästhetik kreirt wird.
7. Eine physische Entstehung, ein Material zum Anfassen.
8. Das sinnliche Erleben von verschiedenen, physischen Materialien und seinen verschiedensten Beschaffenheiten.
9. Ein Prozess des immer weiter Lernens, Dinge anpassen, visuelle Probleme lösen, Techniken erweitern, egal ob digital oder händisch.
10. Kommunikation von Mensch zu Mensch.
Kunst ist etwas Menschliches
Für mich ist das Herstellen von Bildern etwas zutiefst Menschliches, Natürliches.
Deswegen stolpere ich auch über den A.I. Trend in der Bildproduktion.
Für mich sind diese A.I. Bilder ein seelenloser Ausdruck in einer Welt, die sowieso schon viel zu laut ist.
Auch wenn oder gerade weil das visuelle Ergebnis technisch einwandfrei ist.
Natürlich ist dieser Gedanke auch beängstigend für mich, dass Bildgeneratoren Künstler*innen in manchen Sparten ersetzen könnten.
Weil sie eben unverkennbar schnell produzieren. Nicht, weil sie besser gestalten können.
Diese Entwicklung gefährdet den Arbeitsmarkt für bestimmte Sparten der visuell gestalterischen Arbeit! Dieses Thema ist aber zu umfassend und auch zu spekulativ für diesen Blogbeitrag.
Kunst mit Bildgenerator- Bildern gleichzusetzen ist für mich, als würde man eine Sprache lernen und dabei nur die grammatikalischen Regeln verinnerlichen. Wortschatz, Semantik, Sprachgefühl und praktische Anwendung finden dabei nicht statt.
Noch schneller arbeiten?
Ich habe mich kürzlich mit einem Bekannten unterhalten, der unter anderem beruflich programmiert und aus einer ganz anderen Branche kommt als ich.
Er konnte meine Ansicht und auch meinen Schmerz über diese Entwicklung bezüglich Bilder- Gestaltung in keinster Weise nachvollziehen.
Für ihn sind diese Programme eher ein Hilfsmittel um schneller zu arbeiten.
Aber Moment mal.
Noch schneller arbeiten?
Um Zeit zu sparen?
Zeit wofür?
um noch mehr zu arbeiten?
Wann macht Zeit sparen denn wirklich Sinn- und wann dient die Ersparnis nur dazu, uns in Wahrheit noch mehr Zeit für wichtige Prozesse zu stehlen?
Benutzen vs. benutzt werden
Auch wenn die Herstellung von Kunst in deinem Leben garkeine Rolle spielt, finde ich es sehr wichtig über neue Entwicklungen zu reflektieren.
Wir bekommen so viele Apps, Technologien, Maschinen serviert. Immer ohne Bedienungsanleitung oder mögliche Konsequenzen.
Ich finde es entscheidend, darüber selbstbestimmt und reflektiert zu urteilen und die Dinge auch genau so zu benutzen. Stichwort The Social Dilemma.
Denn ich will in einer Welt leben, in der wir die Dinge benutzen und nicht umgekehrt von ihnen benutzt werden.
Fazit:
Nicht jedes Bild ist Kunst.
Auch nicht, wenn es tadellos aussieht und mit Hilfe von DALL E oder Midjourney und Co in 2 Sekunden entstanden ist.
Denn Kunst ist nicht nur ein fertiges Produkt, sondern Teil eines beobachtbaren Prozesses, der innerlich und äußerlich stattfindet.
Kunst ist eine Sprache, und so viel mehr ist als ein fertiges Bild.
Sie ist Wissen, sie ist Technik, sie ist Intuition, sie ist Herz und Seele und etwas zutiefst Menschliches.
Ich bleibe also trotz meinen gruseligen Beobachtungen dabei:
"I don t care about DALL E. Art is much more than just a painting or an image."
Anmerkungen:
die Fotos sind alle aus diesem wahnsinnig ästhetischen Kunstgeschäft in Tokio. Ein Besuch dieses Geschäfts stand auch auf meiner Bucketlist.
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ein Artikel im Zusammenhang, wie wir Apps und Co nutzen habe ich auch hier bereits verfasst
Danke für deine Zeit <3
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